Aphasie ist eine erworbene Sprachstörung, die nach einer Hirnschädigung auftreten kann. Aphasiker können sich schlechter oder gar nicht mehr ausdrücken und verstehen Gesprochenes schlecht, auch die geschriebene Sprache ist meist beeinträchtigt. Von diesen Schwierigkeiten sind auch die Angehörigen der Aphasiker mit betroffen, denn in der Kommunikation können viele verschiedene Probleme auftreten. Oft geht mit der Aphasie ein sozialer Rückzug einher. Jede Aphasie verläuft unterschiedlich aber Aphasie kann jeden Treffen.
In der Gruppe findet ein Informations- und Erfahrungsaustausch statt.
Die Teilnehmer kommunizieren darüber, wie sie mit der
Spracherkrankung Aphasie umgehen, welche Verhaltensweisen hilfreich und
welche weniger hilfreich sind. Auch bezüglich der veränderten
Lebenssituation können Erfahrungen weitergegeben werden. Durch
gemeinsame Aktivitäten, wie Ausflüge oder Feste kann die Freude an der
Unterhaltung wieder geweckt werden.
Treffen einmal pro Monat, an einem Mittwoch von 17:00 Uhr bis 18:30 Uhr.
Bitte vor dem ersten Besuch Kontaktaufnahme über bi.schneider@bbtgruppe.de oder 0261 2016610
Mama. Und Silvia. Zwei Worte.Mehr war nicht mehr da. Plötzlich war die Festplatte wie ausgelöscht. Von einem auf den anderen Moment konnte Horst Krämer (Name von der Redaktion geändert) nicht mehr sprechen. Mit 42 Jahren. Selbst einfachste Wörter und Sätze wollten nicht mehr gelingen. Auslöser dieser Aphasie - so nennt man eine derartige Kommunikationsstörung in der Medizin - war eine Hirnblutung. Sie riss den Koblenzer fast aus dem Leben. Doch Horst Krämer hat sich zurückgekämpft. Ins Leben. Und zurück in die Welt der Worte.
"Ich habe vor dem Fernseher gesessen. Alles war wie immer. Es lief
gerade die Tagesschau." Doch plötzlich sind da diese Kopfschmerzen. Kaum
auszuhalten. Seine Frau gibt ihm noch einen kalten Waschlappen. Merkt
aber gleich, dass da was nicht stimmt. Sie ruft den Notarzt. Horst
Krämer kriegt von all dem schon nichts mehr mit. Eine Hirnblutung bringt
den Koblenzer in Lebensgefahr. Fünf Wochen wird er anschließend im
künstlichen Koma liegen. "Meiner Frau haben sie gesagt, die
Überlebens-Chancen stehen bei 30 Prozent." Er kämpft sich zurück ins
Leben. Doch sein Leben hat sich verändert, die Hirnblutung eine Aphasie
ausgelöst. "Ich konnte nicht mehr sprechen, fühlte mich hilflos."
Hilflos, aber voller Kraft und Willen.
"Eine Aphasie tritt auf, wenn nach einem Schlaganfall oder
Schädel-Hirn-Trauma das Sprachzentrum geschädigt ist", erklärt Birgit
Schneider. Die Leiterin der Logopädieschule des Katholischen Klinikums
Koblenz · Montabaur betreut auch die Selbsthilfegruppe Aphasie, die in
diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert. Jeweils am dritten
Mittwoch im Monat trifft man sich zum Austausch in der Logopädieschule
am Marienhof Koblenz. Angehörige und Betroffene machen sich hier
gegenseitig Mut, lassen dem Gegenüber Zeit und Raum, über seine
Krankheit zu sprechen. "Aphasie reicht von völligem Sprachverlust, auch
lesen, schreiben und verstehen ist oftmals nicht mehr möglich, bis hin
zu leichter Beeinträchtigung bei der Wortfindung." An der
Logopädieschule bietet das Klinikum Sprachtherapien an, um die
Kommunikation wieder möglich zu machen.
Bei Krämer war die Hirnblutung nicht der einzige Schicksalsschlag. Nur
acht Monate später musste er sich einer schweren Herzoperation
unterziehen, vor vier Jahren dann wurde bei einer Routineuntersuchung
ein bösartiger Tumor entdeckt. Doch Krämer besiegte auch den Darmkrebs.
Der ehemalige Mitarbeiter der Bezirksärztekammer Koblenz hat dank der
Therapie auch seine Sprache größtenteils zurückgewonnen. Und besucht
regelmäßig die Treffen der Selbsthilfegruppe Aphasie. "Eine wichtige
Möglichkeit, sich auszutauschen", sagt er. Für Betroffene und Angehörige
ist der Koblenzer ein ermutigendes Beispiel. Auch deshalb hören Sie ihm
hier so gerne zu. "Der Erfahrungsaustausch steht im Fokus", sagt Birgit
Schneider. "Wir bauen Sprachbarrieren ab, bestärken uns gegenseitig -
das macht den Betroffenen und den Angehörigen viel Mut und fördert so
die Krankheitsverarbeitung. Dazu gibt es auch viele praktische Tipps."
Horst Krämer ist ein leidenschaftlicher Karnevalist, gehört seit 21
Jahren fest zum Männerballett der Narrenzunft "Gelb-Rot" aus Koblenz.
Nach seiner Hirnblutung dauerte es Jahre, bis er das erste Mal wieder
auf der Bühne stand. "Ich durfte dann aber immer nur was Kleines
machen." Bis zum Karneval 2013. "Da war ich das erste Mal wieder
komplett mit dabei." Krämer lacht, seine Augen glänzen. Er hat den Weg
zurück ins Leben gemeistert. Sich von all den Rückschlägen nicht
kleinkriegen lassen. Und mit heute 51 Jahren noch eine Menge vor. "Meine
Frau und ich, wir haben uns ein Wohnmobil gekauft. Ich habe gar keine
Zeit mehr, im Krankenhaus zu liegen." Dass er dies einfach so sagen
kann, ist alleine schon ein kleines Wunder.
Die Selbsthilfegruppe Aphasie ist offen für Gäste und neue
Mitglieder. Interessenten melden sich bitte im Sekretariat der
Logopädieschule an.
Immer wieder schlägt sich Franz-Josef Kirsch gegen den Kopf. Als wolle
er damit die Worte aus sich herausschlagen. Sie sind doch da. Zumindest
die Gedanken. Aber wo sind die Worte hin? "Sie haben uns immer wieder
erklärt, dass er klar denken kann. Er kann es nur nicht mehr mitteilen."
Ulrike Klaß hat gelernt, mit der Aphasie ihres Vaters zu leben und diese Krankheit zu verstehen. Ausgelöst durch einen Schlaganfall hat Franz-Josef Kirsch eine starke Kommunikationsstörung. In der Selbsthilfegruppe an der Logopädieschule des Katholischen Klinikums Koblenz · Montabaur finden er und seine Familie Zeit und Raum, über die Krankheit zu sprechen.
In kleiner Runde gibt es an diesem Tag etwas zu feiern. Zehn Jahre Selbsthilfegruppe Aphasie am Katholischen Klinikum Koblenz · Montabaur. In der Logopädieschule am Marienhof Koblenz treffen sie sich einmal im Monat zum Gedankenaustausch. An diesem Nachmittag gibt es Kaffee, Kuchen und ein kleines Programm. Schulleiterin Birgit Schneider erinnert sich an die Anfänge der Selbsthilfegruppe. Betroffene erzählen ihre Geschichte oder lesen aus einem Buch vor. Bewegend und faszinierend zugleich, wie sie es geschafft haben, in die Welt der Worte zurückzukehren. Der letzte Programmpunkt der Feier: Ulrike Klaß berichtet aus der Sicht einer Angehörigen. "Ich tue mich schwer, die Geschichte in Worte zu fassen, bin emotional zu sehr befangen", sagt sie. Und zitiert ein Kapitel aus dem Buch "Aphasie - Wege aus dem Sprachendschungel". Es ist, wie bei der Koblenzerin, die Geschichte einer Frau, deren Vater nach einem Schlaganfall an Aphasie leidet. "Meinen Vater derart eingeschlossen in seiner Sprachlosigkeit zu erleben kostet sehr viel Kraft. (…) Ich bin dankbar, meinen Vater noch zu haben, zwar nicht mehr so wie früher, aber nicht weniger liebenswert."
"Ich habe gleich gemerkt, dass meinem Vater die Tränen kamen", sagt Ulrike Klaß ergriffen. "Ich habe dann in die Runde geschaut und viele gesehen, die geweint haben." Sie alle hier sind ergriffen. Erkennen sich wieder in der Geschichte einer fremden Frau. Sie alle haben nie aufgegeben, auch wenn es schwer gefallen ist. "Dieser Austausch ist für uns unheimlich wichtig", sagt sie. "Mein Vater und auch meine Familie und ich kommen immer wieder gerne hier hin. Sprechen mit den anderen Betroffenen über deren Ängste und Nöte."
"Die wenigsten Menschen denken in der Anfangsphase der Aphasie gleich an Selbsthilfe", sagt Schulleiterin Birgit Schneider. "Wenn eine Aphasie aber nicht zu 100 Prozent wieder weggeht, wenn sie chronisch und damit nicht mehr komplett heilbar wird, dann hilft die Gruppe, mit dieser Krankheit besser umgehen zu können. Der Erfolg einer Sprachtherapie hängt auch von der Mithilfe der Angehörigen ab. Wenn die Diagnose Aphasie gestellt ist, dann gibt es noch alle Möglichkeiten, dass sich die Sprache ganz oder teilweise, im ungünstigsten Fall wenig zurückbildet."
Am Neujahrstag 2009 hatte Franz-Josef Kirsch einen schweren Schlaganfall. "Er wurde wach und war nicht so ganz bei sich", erinnert sich seine Tochter. "An dem Tag konnte er noch ein bisschen sprechen. Am nächsten Tag dann war die Sprache ganz weg. Diesen Moment kann man nicht in Worte fassen. Mein Vater, mit seinem Koblenzer Platt, kann plötzlich nicht mehr sprechen." Dem Schock folgt schnell der gemeinsame Kampf gegen die Krankheit. "Wir haben vieles versucht. Zum Beispiel haben wir ihm ein großes Schild gemacht mit dem ABC. Er hat dann auf die Buchstaben getippt und wir versuchten so zu verstehen, was er möchte." Trotzdem passiert es auch heute noch oft, vier Jahre nach dem Schlaganfall, dass Ulrike Klaß nicht weiß, was ihr Vater sagen möchte.
"Natürlich macht man sich immer Sorgen, ob alles gut geht. Zum Beispiel, wenn er alleine unterwegs ist", sagt sie. "Ich sehe ja auch die befremdlichen Reaktionen der Menschen. Etwa im Supermarkt, wenn mein Vater auf etwas zeigt und Laute von sich gibt. Im ersten Moment könnte man denken, er sei betrunken. Er kann sich ja nicht erklären." Umso wertvoller sind die Treffen in der Selbsthilfegruppe. Hier muss sich niemand erklären, reichen oftmals Laute aus, um seinen Gegenüber zu verstehen. "Hier werden wir verstanden", sagt Ulrike Klass zweideutig. "Was die anderen draußen denken, ist mir egal."
Die Selbsthilfegruppe Aphasie ist offen für Gäste und neue
Mitglieder. Interessenten melden sich bitte im Sekretariat der
Logopädieschule an.